Biervielfalt

Saison - Belgische Farmhouse Ales

25 Aug, 2017

Reif für die Saison? - Belgische Farmhouse Ales

Der belgische Bierstil "Saison" sorgt immer wieder für Verwirrung. Einerseits suggeriert der Name, das Bier wäre nicht konstant verfügbar, andererseits kommt es zu Verwechslungen mit dem unlängst aus dem englischsprachigen Raum importierten "Session"-Begriff (was "Sitzung" bedeutet), mit dem das Saison nichts zu tun hat.

Das Saison ist ein heller, hopfenbetonter Starkbierstil obergäriger Brauart. Es weist oftmals eine fruchtige Hefenote, kräuterige Hopfennote und lebhafte Sprudeligkeit auf, die in vielen Fällen aus zusätzlicher Flaschengärung herrührt.


Arbeitsbier

Um die Geschichte der Saisons und die Herkunft des Namens zu verstehen, muss man einen Ausflug zu den Bauernhöfen der belgischen Landbevölkerung unternehmen und eine kleine Zeitreise von ein paar Hundert Jahren einplanen. Damals, als industrielle Kühlmethoden noch Zukunftsmusik waren, wurden oftmals Biere auf Vorrat gebraut, z.B. das Bière de Garde ("sich haltendes Bier") oder Bière de Provision (ebenso). Das Saison wurde zwar ebenso in den kälteren Monaten gebraut, war jedoch für den Verbrauch in der wärmeren Jahreszeit gedacht, insbesondere zur Erntezeit.

Dann nämlich schwoll die Bewohnerzahl vieler Höfe durch die Anwesenheit der wandernden Erntehelfer (in Wallonien, dem französischen Teil Belgiens, "saisonniers" genannt), sprunghaft an. Wasser aber war damals kein sehr zuverlässiges Lebensmittel. Bier hingegen war stets abgekocht und durch die Anwesenheit von Hefen und Alkohol vorm Einfluss anderer Mikroorganismen besser geschützt. Nimmt man nun noch den höheren Nährwertgehalt von Bier, versteht man, warum damals bei der Arbeit der Gang zum Bierfass häufiger getätigt wurde als der zum Brunnen.

Epochale Veränderungen

Damals war das Saison ein eher schwaches Bier, zwischen 3 und 3,5 Volumenprozenten. Bei einer Tagesration von bis zu fünf Litern eine weise Entscheidung, wollte der Bauer nicht schon zur Mittagszeit anstelle fleißiger Arbeiter eine grölende Meute auf seinem Land haben. Entsprechend unterschiedlich fiel der Stil in dieser Zeit aus, letztlich hatte jeder Bauernhof sein eigenes Rezept. Womöglich ist es sogar falsch, überhaupt von einem in sich geschlossenen "Bierstil" zu sprechen.      
Erst mit der Erfindung der Kühlmaschine und der zunehmenden Entwicklung von Bier weg vom Lebensmittel und hin zum Genussmittel stieg der Alkoholgehalt auf die heute üblichen 6-8%-Vol., und das Saison pendelte sich auf eine eher helle Färbung ein.

Renaissance dank Craft-Beer

Für die Craft-Beer-Revolution war das Saison ein gefundenes Fressen, weist es doch ähnliche Vorteile wie das India Pale Ale auf: stark, dennoch mit hoher Trinkbarkeit gesegnet, intensive Hopfenaromatik, obergärig und daher auch ohne ausgedehnte Kühlmöglichkeiten von Heim- und Gasthausbrauern produzierbar.     
Viele Belgian Style IPAs verwenden Saison-Hefen, und für die Jagd nach immer neuen Hopfenaromen eignet sich das Saison genauso gut wie das IPA. Somit wurde aus einem Leichtbier für Erntearbeiter ein weltweit für seine reiche Aromatik geschätztes Starkbier.


Food Pairing

Fisch, Fisch und nochmals Fisch. Die Kräuternoten des Saison fallen ohnehin manchmal dillartig aus, zusammen mit zitrusfrischer Fruchtigkeit und anregender Bitterkeit hat man genau die Kombination, die sich viele Gäste ohnehin aufs Zanderfilet träufeln. Auch zur klassischen Bouillabaisse passen Saisons ausgezeichnet. Buttrige und sahnige Saucen und Suppen durchsprudelt ein Saison problemlos und leistet auch hier gute Gesellschaft.     
Leichte, floral-kräuterhafte Saisons harmonieren mit südfranzösischer Küche, während die stärkeren Vertreter mit pfeffrig-kreuzkümmelhaften Noten sich hervorragend als Begleiter zu den intensiver gewürzten Gerichten des Nahen Ostens wie Schawarma und Hummus eignen.      
Abschließend sei gesagt: Käse geht immer!

Probierempfehlungen

Saison Dupont

Es führt kein Weg daran vorbei. Der Klassiker aus der Brasserie Dupont ist seit 1844 das definierende Bier für den Saison-Stil. Um die verwendeten Hefestämme wird dabei eine enorme Geheimniskrämerei seitens der Brauerei betrieben. Bei Besuchen in der Brauerei sollen bereits Gärtemperaturen von bis zu 32°C beobachtet worden sein, ca. 10°C über der üblichen Temperatur für obergäriges Bier. Mancher vermutet, dass Dupont eine adaptierte Rotweinhefe benutzt. Die Brauerei schweigt natürlich und sonnt sich im Ruhme eines unverschämt trinkbaren Saisons mit reicher Aromatik zwischen Zitrusfrüchten, Kräuterwiesen und pfeffriger Würzigkeit. Wer es nicht kennt, muss es probieren.


Saison Dupont Cuvée Dry Hopping

Nanu? Nochmal Saison Dupont? Ja, warum denn nicht? In diesem Falle handelt es sich um eine jährlich in limitierter Auflage eingebraute Edition, die stets mit anderen Hopfensorten kaltgehopft wird. Die Kalthopfung (auch Hopfenstopfen genannt) findet im Gegensatz zur üblichen Hopfengabe (beim Kochen) erst bei der Gärung des Biers, also im Kaltbereich der Brauerei, statt. Dadurch lösen sich kaum Bitterstoffe, dafür gelangen die ätherischen Öle schonend ins Bier, was je nach Hopfen eine einzigartige Aromatik bringt. Dupont variiert für jeden Jahrgang die Hopfensorten, bleibt sonst seiner traditionellen Braumethode mit abschließender Flaschengärung aber treu.

 

Saison 1858

Bei diesem Saison, welches das Gründungsjahr der Brauerei im Namen feiert, merkt man dofort, dass die Brauerei auch ein preisgekröntes Wit (das Blanche de Namur, siehe die letzte Ausgabe unseres Blogs) im Sortiment hat, denn die Einflüsse des belgischen Weizenbierstils zeigen sich im Saison 1858: etwas leichter, frischer und weniger erdig-kräuterig als klassische Saisons, dazu mit Koriander und Orangenschalen gebraut, wie es bei vielen Wits üblich ist. Die frische Leichtigkeit dieses Saisons überzeugte 2013 auch die Juroren des World Beer Awards, wo das Saison 1858 als weltbestes Saison ausgezeichnet wurde.

 

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